Weißwein aus Kalifornien. Der Trend geht von cremigen, mächtigen Chardonnays zu spritziger, leichter Frische
Traumland Kalifornien? Landschaftlich und touristisch gesehen ganz bestimmt, als Weinregion dagegen hat „The Golden State“ durchaus seine Probleme. Probleme, die sich auch auf die Qualität und auf die Verfügbarkeit kalifornischer Weine vor allem in Europa bemerkbar machten. Doch davon später.
Amerika, Land der großen Dimensionen. Rund tausend Kilometer ist sie lang, Kaliforniens Weinbauregion. Sie zieht sich an der pazifischen Küste entlang, beginnt nördlich von San Francisco und geht hinauf bis Santa Barbara. Auf fast der gesamten Länge erstreckt sich die Region auch landeinwärts nach Osten und teilt sich dort in diverse Untergebiete. Sie weisen für die Weinwirtschaft allesamt eigene klimatische und geologische Bedingungen auf, denen jedoch die intensive Wärme und die vielen Sonnenstunden gemein sind. Dadurch werden volle, „reiche“ Weine produziert, die ihr eigenes Gepräge gefunden haben – auch, wenn sie ursprünglich einmal ganz in der Tradition europäischer Weine angedacht waren. Ein gutes Beispiel dafür sind Weine aus der Rebsorte Zinfandel. Die rote Variante ist einer der Vorzeigetropfen der kalifornischen Weinwirtschaft; der weiße Zinfandel hingegen eine echte Spezialität für Kenner.
Die US-Amerikaner lieben kalifornischen Weißwein
Wenn von Weißwein aus Kalifornien die Rede ist, dann wird fast automatisch die Rebsorte Chardonnay assoziiert. Mit einem gewissen Recht. Chardonnay aus Kalifornien ist der beliebteste Weißwein der USA – jedenfalls auf dem heimischen US-Markt. Die mächtigen, fruchtbetonten Tropfen, deren Rebsorte ihren Ursprung im europäischen Burgund hat, hat aber auch in Europa lange die Vorstellung von einem kalifornischen Weißwein geprägt. Inzwischen hat sich das ein wenig gewandelt, weil auch Weine anderer Rebsorten wie Chenin Blanc, Sauvignon Blanc, Colombard und Riesling zu uns exportiert werden.
Immer der Weinstraße nach
Kalifornien ist ein riesiges Weinbaugebiet (die anerkannte Anbaufläche umfasst mehr als 400.000 Quadratkilometer), das sich am systematischsten anhand seiner diversen Weinstraßen erkunden lässt. Auf ihnen, oder besser auf den Weingütern, die rechts und links davon liegen, geht es freilich mit Rot- und Weißweinen munter durcheinander. Wer sich ausschließlich auf die Weine beschränken möchte, die international am meisten Anerkennung gefunden haben, der kommt um den Silverado Trail durch Napa- und Sonoma Valley nicht herum. Hier ist zu jeder Jahreszeit ein Genuss-Erlebnis in Sachen Wein und Kulinarik garantiert. Eine Entdeckungstour in Sachen Weißwein aus Kalifornien könnte aber durchaus auch ins „Central Valley“ im Landesinneren führen. Hier werden Weißweine gekeltert, die oft etwas leichter und spritziger sind als die mächtigen Chardonnays, mit denen Kalifornien einst seinen Ruf begründet hat. Vor allem aber kommt aus dieser Region der „White Zinfandel“. Für ihn werden die Trauben der eigentlich roten Rebsorte Zinfandel weiß gekeltert. Nur in Ausnahmefällen bauen die Kellermeister den Wein reinsortig aus; in aller Regel wird er entweder mit Muskateller oder Riesling oder auch beiden vermischt. Was dabei herauskommt, ist immer ein recht leichter, spritziger Tropfen, der in seiner Heimat gern auf Eis serviert wird.
Mikro-Weingüter mit großer Wirkung
Spritzig, leicht – geht das wirklich mit kalifornischem Weißwein zusammen, der doch gemeinhin für eine cremige Textur, für Power und Konzentration steht? Ja, geht es. Nicht nur Kaliforniens Weinwirtschaft wandelt sich, auch die Weine selbst sind in einem gewissen Umbruch. Nach diversen Problemen, bei denen der Markt immer mehr von großen Weingütern beherrscht wurde und selbst Fachleute manchmal nicht mehr wussten, wer eigentlich hinter den Etiketten steckte, erfolgt jetzt eine Umkehr. Inzwischen gibt es in Kalifornien wieder unabhängige Weingüter, die nach eigenen, neuen Überzeugungen ihren Wein produzieren. Sie setzen zunehmend auf Balance und Frische und wenden sich von allzu hohem Alkoholgehalt ab. Das Problem, siehe oben, für die Konsumenten in Europa: Viele dieser neuen Güter sind sehr, sehr klein. Vielleicht könnte man sie mit Mikrobrauereien vergleichen, wie man sie bei uns kennt. Die Folge ist natürlich, dass ihre Weine kaum exportiert werden. Dafür reichen die Mengen einfach nicht.
Dennoch, diese Weingüter haben eine Trendwende eingeläutet, die Freunde kalifornischer Weißweine im Auge behalten sollten. Bester Beweis dafür: Inzwischen werden auch im Napa Valley Weine dieser Art gekeltert; übrigens nicht nur weiße, sondern auch rote. Insofern gibt es Hoffnung, dass diese großen, international ausgerichteten Weingüter die Lücke zwischen großer Nachfrage und sinkendem Export für europäische Weinfreunde ausgleichen. Um nicht missverstanden zu werden: Auch heute sind die „neuen“ kalifornischen Weißen bei uns zu haben. Die Preise sind allerdings heftig. Sie liegen im hohen zweistelligen bis hin zu dreistelligen Beträgen …