Weinregion Friaul. So viel mehr Sein als Schein!
Ob es nun um den Wein oder ums Reisen in Italien geht, das Friaul ist nicht unbedingt die erste Provinz, die einem dabei in den Sinn kommt. Wie ungerechtfertigt das ist, wird erst bei näherer Beschäftigung mit beidem klar. Hier geht es natürlich nur um den Wein. Aber wer weiß, vielleicht wird das ja zu einer Inspiration für eine touristische Verkostungstour? Wie auch immer, wichtig ist vielleicht erst einmal zu wissen, wo diese spannende Region überhaupt ist. Also, Friaul Julisch-Venetien, wie es offiziell heißt, liegt im äußersten Nordosten Italien. Triest ist die Hauptstadt der Provinz, die sowohl an Österreich als auch an Slowenien grenzt. Auch Kroatien ist von Triest aus nur einen Katzensprung entfernt. Die Strände des Friauls liegen an der Adria, direkt gegenüber von Venedig und dem Lido di Jesolo. Wir sind also angekommen, Zeit, bei einem Glas Wein zu entspannen. Rund 1,4 Millionen Hektoliter davon werden pro Jahr im Friaul erzeugt. Quantitativ ist das eine kleine Menge aus einer kleinen Region. Qualitativ aber darf, ja muss sich der Weinfreund jetzt auf einiges gefasst machen. Die Weißweine aus dem Friaul gehören nämlich zu den Besten ganz Italiens. Die Rotweine haben in dieser Hinsicht zwar noch etwas Nachholbedarf, aber auch sie verdienen unbedingt Beachtung.
Ein kurzer Blick ins Geschichtsbuch
Knapp 20.000 Hektar stehen im Friaul unter Reben. Seit der Antike wird hier Weinbau betrieben, allerdings sowohl mit Unterbrechungen als auch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Vor allem in der jüngeren Vergangenheit hat es dramatische Veränderungen gegeben. Nach zwei Weltkriegen lag der Weinbau im Friaul quasi flach; zu groß waren die Zerstörungen. Als die Produktion dann langsam wieder in Gang kam, ging es zunächst mehr um Masse als um Klasse. Doch in den Sechziger Jahren begann ein Umdenken. Die ersten Winzer hatten wieder den Ehrgeiz, und nun auch die Möglichkeiten, qualitativ hochwertige Weine zu produzieren. Sie waren die Spitze einer Bewegung, die zu dem heutigen Niveau geführt hat. Ein Niveau, von dem einige Experten behaupten, dass es nicht nur beim Weißwein in Italien führend ist, sondern weltweit zur Crème de la Crème gehört.
Zurück zu den Sechzigern, als man sich wieder auf das Potenzial der Region besann. Dort gibt es zum Beispiel hochinteressante Böden. Es existieren Lagen, in denen sich noch Ablagerungen des Meeres befinden, das heute Adria genannt wird und das sich vor Millionen von Jahren langsam aus diesem Landstrich zurückgezogen hat. Dazu kommt ein Klima, das den Weinbau ungemein begünstigt. Tagsüber wird es hier heiß, doch nachts streichen die Winde vom Meer über die Weingärten und bringen Abkühlung. Das alles bekam vor allem der autochthonen Rebsorte Tocai Friulano gut, die heute nur noch unter dem Namen Friulano vermarktet wird. Hintergrund dafür ist ein Streit mit Ungarn, das Verwechslungen mit dem Tokajer ausschließen möchte.
Was der Friulano recht ist, das mögen auch diverse international beliebte Rebsorten. Es sind Weine aus der Sauvignon Blanc, der Pinot Grigio und der Pinot Bianco mit der das Friaul wahre Triumphe feiert. Diese Weine weisen eine klare Struktur auf, haben eine feine Frische, sind ungemein elegant. Wie gesagt, das gilt auch für die Sorte Friulano und selbst für trockene Tropfen aus der Malvasia. Das Friaul kann also beides – international und autochthon. Somit ist die Region durchaus für eine Zukunft gewappnet, in der Weinfreunde sich möglicherweise von den großen Edelsorten abwenden und vermehrt für seltenere Sorten interessieren.
Das Friaul kann auch rot
Weingüter, die herausragende Weißweine produzieren, werden nie mit einem schlechten Rotwein aufwarten. Dennoch, die Entwicklung der Roten hinkt im Friaul hinterher. Doch das ist zum einen klagen auf hohem Niveau, zum anderen eine Sache, an der im Friaul gearbeitet wird. Schon heute kann man dort exzellente Tropfen aus den Sorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir bekommen – nur Weltklasse haben sie eben nicht. Wer weiß, vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit. Und falls sich die Nachfrage in Richtung autochthone Sorten entwickelt, dann gedeihen im Friaul auch noch so spannende Varietäten wie Schiopettino, Refosco, Pignolo oder Tazzelenghe in den Weingärten.