Syrah aus Italien. Die geheimnisvolle Schöne, die sich gern rar macht
Sie hat etwas Geheimnisvolles an sich, diese Rebsorte. Das beginnt schon beim Namen: Syrah. Lange wurde angenommen, dass sie aus dem legendären Reich der Perser stamme und von dort nach der Islamischen Revolution über die Stadt Schiraz in den Westen gelangt sei. Letzteres darf wohl als gegeben angenommen werden; die ursprüngliche Heimat der Rebsorte ist jedoch eine andere. Die Analyse der DNA hat eindeutig ergeben, dass es sich bei der Syrah um eine natürliche Kreuzung der alten französischen Sorten Dureza und Modeuse Blanche handelt. Somit besteht eigentlich kein Zweifel, dass die Rebsorte aus dem Rhonetal stammt und sich von dort aus verbreitet hat. Möglicherweise haben ja die alten Römer sie auf einem ihrer Kriegszüge nach Persien mitgenommen, so könnte sich der Kreis schließen. Das ist Spekulation; fest steht dagegen, dass die Rebsorte viele Verwandte in Mitteleuropa hat und damit natürlich auch in Italien. Wir sind also angekommen im Stiefelland, wo die Syrah, die in der Weinwelt auch als Shiraz oder Balsamina bekannt ist, heute vor allem in Sizilien, in zunehmendem Maße aber auch in der Toskana kultiviert wird. Apropos Shiraz. Diesen Namen nutzen heute vor allem Weingüter in den USA, in Kanada, Australien und Südafrika. „Syrah“ ist dagegen den Europäern vorbehalten.
Syrah und die Sache mit der Sonne
Kein Zweifel, Syrah gehört nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den edelsten und heute zu den begehrtesten Rebsorten der Welt. Kompliment, denn sie kann ihrem Winzer durchaus Schwierigkeiten bereiten. Anders übrigens als ihre „armen Verwandten“ in Südtirol und Trentino. Dort präsentieren sich Lagrein, Marzemino und Teroldego deutlich pflegeleichter.
Was also ist es, das den Önologen auf den Weingütern in Sizilien und der Toskana Kopfzerbrechen bereitet? Die Syrah ist zwar grundsätzlich recht ertragreich, doch sie kann eine Diva sein. Bekommt sie zu wenig Sonne, dann reift sie nicht gut und bildet viel zu viele Tannine aus. Bekommt sie aber zu viel Sonne, wird sie blitzschnell überreif. Die Früchte können leicht abfallen, oder der Wein verliert später an Säure und büßt seine fruchtigen Aromen ein. Wo Schatten ist, ist natürlich auch Licht: Syrah stellt keine großen Ansprüche an den Boden. Da sie spät austreibt, sind Risiken durch späte Fröste eher klein und die Sorte ist zudem auch wenig anfällig für den gefürchteten Oidium, der zu Echtem Mehltau führen kann.
Das ist ja mal ein edles Früchtchen!
Doch nun endlich zu dem Wein, der aus dieser Rebsorte gekeltert wird. Im Glas präsentiert er sich mit jener tiefen dunkelroten Farbe, die Rotweinfreunde so lieben. Charakteristisch für italienische Syrah-Weine sind die kräftigen Aromen von Beerenfrüchten. Ob Johannisbeere, Himbeere oder Brombeere, sie alle lassen sich in einem Glas italienischen Syrah-Weins erschnuppern. Manchmal gesellt sich noch ein zarter Hauch von Veilchen dazu. Dieses Aroma können richtig feine Nasen übrigens sogar schon an den blauschwarzen Trauben bemerken, wenn sie noch an den Rebstöcken sind.
Ein hochwertiger italienischer Syrah kann nicht nur lange gelagert, sondern sollte es sogar. Die Weine haben typischerweise einen hohen Tanningehalt und es tut dem Geschmack gut, wenn der sich während der Reifephase etwas verringert. Die Geduld lohnt sich. Italienischer Syrah schmeckt nicht nur solo an einem gemütlichen Abend zu zweit oder mit Freunden ganz hervorragend. Er ist auch ein wunderbarer Begleiter zu kräftigen Speisen und Fleischgerichten. Da es ein sehr edler Wein ist, darf es durchaus Ente, vom Rind das Filetstück, vom Lamm die Keule sein. Fleisch ist schon lange vom Speiseplan gestrichen? Dann wird der italienische Syrah zu einer Käseplatte genossen, auf der neben deftigen Schnittkäsesorten gern auch Brie und Blauschimmelkäse gereicht werden können. Veganer dürfte freuen, dass italienischer Syrah auch bestens zu herzhaften Salaten passt. Wie wär’s zum Beispiel mit einem toskanischen Brotsalat dazu?
Apropos Toskana. Im Vergleich zu Sizilien sind die Rebflächen für Syrah dort relativ gering. Doch die Toskaner holen nach und nach auf. Syrah hat in den vergangenen drei Jahrzehnten weltweit einen enormen Aufschwung erfahren. Diese Entwicklung ist natürlich auch an Italien nicht vorbeigegangen. Heute belegt diese Rebsorte im globalen Ranking einen beinah unglaublichen Platz sechs. Quantitativ besser stehen nur Cabernet Sauvignon, Merlot und Tempranillo da. Die Sizilianer, die ihre Weinproduktion seit Jahren kontinuierlich verbessern, sind bereits etwas eher als die Toskana auf diesen Zug aufgesprungen und haben entsprechend innerhalb Italiens immer noch die Nase vorn.