Primitivo - sozusagen der erste Italowestern der Welt
Es hat wirklich etwas von einem Krimi für
Rotweine. Jahrelang haben sich einflussreiche kalifornische Winzer mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass ihr geliebter „heimischer“ (und sehr profitabler)
Zinfandel auch nur irgendetwas mit Primitivo Weinen aus Europa zu tun haben könnte. Und schon gar nicht mit dem Primitivo! Dabei hat der, anders als sich das heute anhören mag, seinen Namen doch vom Ursprung, oder exakt übersetzt, vom „Ursprünglichen“ her. Da wäre es doch eigentlich eine Ehre, von ihm abzustammen. Doch es ist inzwischen müßig, das zu diskutieren. Ende des letzten Jahrtausends hat ein genetischer Abgleich eindeutig ergeben, dass Zinfandel und Primitivo sehr eng miteinander verwandt sind. Man kann sie mit zwei Brüdern vergleichen, von denen der eine in Europa geblieben und der andere nach
Nordamerika ausgewandert ist. Ihr Vater? Genau weiß man es nicht, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber ein Kroate namens Crljenak.
Die Heimat der Rebsorte Primitivo liegt eindeutig in Apulien
Dort, tief im Süden Italiens wurde die rote Sorte mit ihren intensiven Aroma und ihrer dunklen Farbe lange nur angebaut, um schwächelndem Massenwein aus dem Norden etwas mehr Charakter und Gehalt zu verleihen. Der liegt, rein auf den Alkohol bezogen, beim Primitivo Rotwein nämlich bei stolzen 13 bis 15 Grad. Wer so viel nicht leicht verträgt, der ist mit einem Glas Mineralwasser, das schluckweise zwischendurch getrunken wird, gut beraten. Beliebte Primitivo Rotweine führen wir unter anderem von dem Weingut
San Marzano
Seit die Verwandtschaft zwischen Zinfandel- und Primitivo Weine in der Weinwelt offenbar geworden ist, haben beide „Brüder“ profitiert, vor allem und ganz besonders der Primitivo. Er hat sich von seinem Schattendasein als Zulieferer für
italienische Weine und Cuvées überaus erfolgreich emanzipiert und wird heute stolz als sortenreiner Wein ausgebaut, verkauft und weltweit schließlich von anspruchsvollen Konsumenten genossen.
Die Tatsache, dass unverkennbare Noten von Zimt und Anklänge an frische, natürliche Walderdbeeren heute als Erkennungsmerkmale des Primitivos geschätzt werden, hat aber nicht nur mit der Neuentdeckung seit der Zinfandel-Diskussion zu tun. Das erstarkte Selbstbewusstsein süditalienischer Winzer hat ein Übriges getan, um den Primitivo Rotwein anders auszubauen und neu am Markt zu positionieren. Lange stand der Süden Italiens im Schatten des wirtschaftlich so viel stärkeren Nordens. Das ist zwar auf vielen Gebieten immer noch der Fall, beim Wein aber kommt dieses Verhältnis langsam aber sicher in eine Balance. Primitivo Weine als meist angebaute Rebsorte Apuliens haben daran einen großen Anteil. Synonyme für diese Sorte sind übrigens Morellone, Uva di Creta und Zaragese.
Natürlich kann ein Primitivo leicht gekühlt auch im Sommer genossen werden
Von seiner ganzen Anlage her aber bietet er sich mehr für den Herbst, ganz besonders für den Winter und die ersten zaghaften Frühlingstage an. Er präsentiert sich dann in einer tiefroten, fast wärmenden Farbe im Glas und verwöhnt neben den schon erwähnten Aromen oft auch noch mit einem Hauch Vanille und Schokolade. All das macht ihn zu einem idealen Wein, um am Kamin eine Stunde Erinnerungen nachzuhängen oder Pläne zu schmieden. Der Kamin wird hier aber nur sinnbildlich erwähnt: Primitivo Weine schmecken natürlich auch in einem Zuhause, das moderner beheizt wird. Bei Tisch begleitet er festliche, reichhaltige Fleischgerichte, er kann aber problemlos auch zu einer einfachen Pasta Bolognese gereicht werden.